Roter Morgen |
Geschrieben von: Ferdinand Federstreich |
Samstag, 03. Mai 2008 um 15:42 Uhr |
Roter Morgen
Wie ein Lauffeuer war
die Kunde durch das Stahlberger Land geeilt. Der Herzog rief auf zum Krieg! Aus
allen Winkeln und Ecken des Stahlberger Landes, aus jedem Söller und Weiler
waren sie herbeigeströmt dem Sohn Jost von Stahlbergs in die Schlacht zu
folgen. Veteranen und Helden des Krieges, Väter, Söhne, selbst die Alten und
gerade erst wehrfähigen waren gekommen.
Eine Zeltstadt war
unweit der Feste Bärentrutz errichtet worden und hatte die Umgebung in ein
riesiges Heerlager verwandelt. Wimpel und Banner der Stahlberger Familien
wogten im Wind der um die Abendstunden immer auffrischte. Trieb die unsteten
Wolken vom Himmel. Und gab die Sterne des Himmels frei. Das Lager lag leer, wie
ausgestorben. Doch keiner ruhte, keiner schlief.
Im flackernden Schein
tausender Fackeln waren die Gesichter des Stahlberger Volkes gebadet, die heute
an dieser Stelle versammelt waren um die Worte ihres Herzogs zu vernehmen der
vom Balkon über dem großen Platze zu ihnen sprechen würde. Jede Hand ruhte auf
dem Knauf eines Schwertes oder hielt fest einen Speer im Griff. Jede Brust war
von Stahl umschlossen oder mit schwerem Leder gepanzert. Und jedes Auge war in
die Höhe gerichtet, auf die Stelle die nun noch im halben Dunkel lag, die
Stelle von der aus ihr Herzog bald das Wort an sie richten würde. Spannung lag
wie ein schweres Tuch über dem Platz, keiner sprach.
Bis ein Raunen durch
die Menge ging als schwere Schritte zu hören waren. Durch die Flügeltür des
großen Balkons traten die hohen Militärs und leitende Offiziere des Stahlberger
Inquisitoriums ein und postierten sich links und rechts an der Brüstung. Links
von der Tür stand die Schwester des Herzogs, die in schwarzes Leder geschlagenen
Arme über der Brust verschränkt und rechts Feldmarshall Leomar mit einem grimmigen
Gesichtsausdruck. Dann erschien schon der Herzog in schwarzer Brünne im
Lichtschein. Er trat in die Mitte seines Befehlsstabes und erhob lauthals und
weithin hallend die Stimme.
„Stahlberger! Mein
Volk! Die Zeit des Krieges hat begonnen! Endlich gekommen der Moment in dem wir
Vergeltung üben an den Feinden des Reiches! Lange schon beobachten wir den
feigen Händler der sich das unrecht mäßig erschleichen will, was unsere
Vorfahren mit ihrem Schweiß und Blute geschaffen haben. Doch nun ist das Maß voll!
Vorbei die Zeit der Schonung! Johann von Cluhaven wird ernten was er gesät hat.
Er der Schande über sein ganzes Haus brachte. Der das einst edle Haus von
Leissenweg befleckt hat. Der offenen Verrat am Reich begangen hat. Mit feiger
Arglist ins Ausland geflüchtet ist, wo das ravernische Volk Blut und Leben für
ihre Freiheit gelassen hat. Und dieser nun will den Thron an sich reißen! Doch
welche Antwort haben wir stolze Ravernier auf solche Niedertracht? Was geben
wir dem sein wollenden König? Brennt nicht die gerechte Wut in euren Herzen
Männer um diese Brut vom Antlitz des Reiches zu tilgen?“
Und mit seinem letzten
Wort schlug er mit seinem Panzerhandschuh auf den rauen Stein des Geländers. Ein
hitzköpfiger älterer Mann hatte nun das Schwert gezogen und schrie: „Mein Herr,
den Tod soll er erleiden!“
Wie ein Funke in nur
einem Moment einen schwelenden Großbrand auslöst war es. Aus Tausend Scheiden
wurden die Schwerter gezogen. Aus Tausenden Kehlen entfesselte sich die Wut der
Männer. Und mit den Stimmen stob auch der Wind an und trieb die Stimmen über
das Land: „Tod dem Herzog von Leissenweg!“
Die Rufe der Leute
gemahnten an ein Gewitter. Festen Blickes sah der Herzog seinen Soldaten in die
Angesichter. Die Männer die sich in einen Wald aus Speeren und Schwertern
verwandelt hatten. Ihren Stimmen wurde erst Einhalt geboten als der Herzog
seine Faust in den Abendhimmel reckte. Dann schrie er aus Leibeskräften so dass
selbst der hinterste in den Reihen sein Wort vernahm.
„Stahlberger! Ihr
erfüllt mich mit Stolz. Keine andere Antwort habe ich von euch erwartet. Im
Morgengrauen ziehen wir gegen den Feind. Und wehe all jenen die sich uns in den
Weg stellen. Dieses Mal ziehen wir nicht gegen Barbaren! Dieses Mal ziehen wir
gegen Bestien die im Schafsfell umhergehen und doch im inneren reißenden Wölfen
gleichen. Hunderte Jahre ist es nun her, dass Gustav der Stählerner lebte. Und
doch sehe ich seinen lebendigen Geist heute in euch vor mir stehen. Bereit das
Haus Rosenstein erneut vor allen Angriffen zu verteidigen. Und wie er werdet
ihr mit Kraft und Wagemut für unser Reich streiten, Verletzung und Tod
billigend in Kauf nehmend. Wir schulden es unseren Vorfahren Männer. Wir
schulden es unseren Frauen und Kindern. Wir schulden es uns selbst!
Morgen werden wir an der
großen Furt uns mit dem Heer aus Rosenstein vereinigen. Und unter meinem Befehl
werden wir unerbittlich ins Feindesland eindringen und Anakusta im Handstreich
nehmen! Zeigt weder Mitleid noch Hader. Für das Haus Rosenstein! Für den Erben
Dorotheas! Für ein vereintes und starkes Reich!“
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Zuletzt aktualisiert am Montag, 13. Oktober 2008 um 21:12 Uhr |